Betriebliche Suchtarbeit

Die Programme zum kontrollierten Trinken bewirken eine enorme Erweiterung der Präventionsmöglichkeiten in Unternehmen und Institutionen. Es muss nicht mehr so lange gewartet werden, bis "das Kind in den Brunnen gefallen ist". Die Zieloffenheit, der Verzicht auf Klassifizierung und Stigmatisierung, die Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten sowie die damit verbundene Wahlmöglichkeit, das gestufte Vorgehen ("stepped care"), sowie die "attraktiven" (d.h. befristeten, wertschätzenden, nicht konfrontierenden, motivierenden, ressourcenorientierten) Angebote ermöglichen einen Paradigmawechsel in der betrieblichen Suchtarbeit. Prävention und Gesundheitsförderung im Betrieb werden auch im Bereich betrieblicher Suchtarbeit möglich.

Die Erweiterung der Präventionsmöglichkeiten hat folgende Vorteile:
  • Alle Veränderungsinteressierten werden angesprochen - Auf Etikettierungen wird verzichtet.
  • Weg von Suchtberatung hin zu Gesundheitsförderung.
  • Anonymität möglich.
  • Überschaubare, nach Intensität gestufte ("attraktive") Angebote.
Bislang war betriebliche Suchtarbeit im wesentlichen darauf angewiesen, dass ein(e) MitarbeiterIn alkoholbedingt auffällig wurde, um dann (meist in einem gestuften Vorgehen) der auffälligen Person die klassischen (abstinenzorientierten) Angebote der Suchtkrankenhilfe vorzuhalten. Jetzt ist es möglich früher aus verschiedenen Angeboten auswählen zu lassen. Auch die druckmachende Schwarz-Weiß Alternative "Trinken oder Abstinenz" ist relativiert.

Die Erweiterung der (Be-)Handlungsoptionen auf der Basis der Zieloffenheit ermöglicht den Einsatz verschiedener Hilfsangebote:
  1. Kurzintervention durch Betriebsarzt
  2. 10 Schritte Programm (allein oder mit Coach)
  3. Ambulantes Gruppenprogramm (intern oder extern)
  4. Klassische Hilfeangebote der (abstinenzorientierten) Suchthilfe
Selbstverständlich können diese Instrumente auch eingesetzt werden, wenn ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin bereits auffällig geworden ist.

Die Weiterentwicklung der betrieblichen Suchtarbeit setzt voraus, dass die wesentlichen Elemente und insbesondere die Grundhaltung der kT-Programme im Betrieb bekannt sind und von den Entscheidungsträgern (Führungskräfte, BR, Sozialdienst) getragen werden. Insbesondere die AnsprechpartnerInnen für Betroffene sollten in motivierender Gesprächsführung (Motivational Interviewing) geschult sein. Die regionalen kT-Angebote sollten wie die traditionellen Suchthilfeangebote bekannt sein. Ein Austausch mit regionalen kT-TrainerInnen erscheint wünschenswert.

Die Implementierung der neuen Angebote und Handlungsmöglichkeiten ermöglicht die Entwicklung eines neuen an Menschlichkeit und Produktivität orientierten Konzeptes betrieblicher Gesundheitsförderung, das gemeinsam erarbeitet werden sollte. Voraussetzungen im Betrieb sind hierfür:
  • Kenntnis wesentlicher Elemente und Grundhaltung der Programme
  • Austausch mit regionalen AkT-TrainerInnen
  • Kompetenz in motivierender Gesprächsführung
  • Entwicklung eines neuen, gemeinsam getragenen Konzepts
Die Vorteile eines geänderten Verständnisses der betrieblichen Suchthilfe für alle Beteiligten liegen auf der Hand:
  • Betroffene werden früher erreicht. Hilfsangebote können einladend ausgesprochen werden. Es muss niemand mehr erst am Tiefpunkt angelangt sein.
  • Dadurch werden Ausfälle und Fehler vermieden. Die frühe Intervention verhindert alkoholbedingtes Fehlen sowie Fehler im Arbeitsablauf.
  • Ein frühes sekundärpräventives Intervenieren vermeidet möglicherweise eine lang dauernde stationäre Behandlung und damit einen weiteren Ausfall der/des Mitarbeiters/in.
  • Die motivierende, wertschätzende und ressourcenorientierte Grundhaltung trägt zu einer offenen und vertrauensvollen Unternehmenskultur bei.
  • Im Hinblick auf Gesundförderung sowie Organisationsentwicklung beinhaltet der neue Ansatz eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten (z.B. Gesundheitsberatung im Intranet, Ausweitung auf weitere Gesundheitsprogramme).
Für MitarbeiterInnen aus dem Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung, Betriebsräte und Personalverantwortliche bieten wir zu diesen Fragen ein Seminar an. Die TeilnehmerInnen erhalten eine fundierte Entscheidungsgrundlage zur Standortbestimmung hinsichtlich kT. Darüber hinaus werden die erforderlichen Schritte zur erfolgreichen Einführung der kT-Programme in den Alltag der betrieblichen Gesundheitsförderung und Suchthilfe erarbeitet.

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