Selbsthilfegruppen
Die Debatte um das kT hat vor allem in der abstinenzorientierten Selbsthilfe eine Reihe
von Befürchtungen ausgelöst: die Alkoholabstinenz verliere in der Gesellschaft an Wert;
die komplette abstinenzorientierte Selbsthilfe werde in Frage gestellt; "trockene Alkoholiker"
könnten zum erneuten Alkoholkonsum und "nasse Alkoholiker" zum Weitertrinken animiert und auf
diese Weise ihr Leiden verlängert werden. All dies ist nicht der Fall: kT-Angebote können und
wollen das ausdifferenzierte und auf Abstinenz ausgerichtete Suchthilfesystem nicht ersetzen,
sondern ergänzen. Kolportierte Missverständnisse und Pauschalierungen (z.B. "Alle Alkoholiker
können und sollen kontrolliert trinken") sind offenbar unvermeidbar, wenn auch nicht erwünscht.
Zu hoffen ist, dass zukünftig Abstinenz- und kT-Ansätze in friedlicher Koexistenz ihren Platz im
Hilfesystem finden.
Es gibt in Deutschland eine Vielzahl von Gruppen, in denen sich Menschen aus freien Stücken und
unterschiedlichen Beweggründen heraus zusammenfinden, um sich gegenseitig zu unterstützen (z.B.
Selbsthilfegruppen für: Allergiker, Eltern hyperaktiver Kinder, Diabetiker, Krebserkrankte,
Nichtraucher usw.). Selbsthilfegruppen geben sich ihre Zielsetzungen und die Prinzipien ihres
Zusammenseins (z.B. Verschwiegenheit) selbst vor. Viele Gruppen treffen sich einmal pro Woche
abends, wobei es hier erhebliche Unterschiede gibt. Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe ist
üblicherweise kostenlos und man kann selbst entscheiden, wie häufig und aktiv man daran teilnimmt.
Nutzen von Selbsthilfegruppen
Eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die kontrolliertes Trinken anstreben, kann in vielfältiger
Weise von Nutzen sein:
- Man kann offen über seinen Alkoholkonsum und die damit
verbundenen Probleme sprechen.
- Man erhält Rückenstärkung, indem man erkennt, dassman
nicht der einzige Mensch ist, der sich mit der Begrenzung seines Alkoholkonsums
schwer tut.
- Aus den Erfahrungen anderer Gruppenmitglieder ergeben
sich hilfreiche Tipps zum moderaten Umgang mit Alkohol.
- Man kann durch andere Gruppenteilnehmer lernen, dass
auch "Ausrutscher" oder Rückschläge keine Katastrophe darstellen müssen,
sondern überwunden werden können.
- Man kann sich zu gemeinsamen Freizeitaktivitäten verabreden
und eine Freizeitgestaltung, die nicht vom Alkohol bestimmt ist, pflegen.
- Durch die sich einstellende persönliche Vertrautheit
untereinander wird es möglich, auch außerhalb der Gruppenzeiten Kontakt
zueinander aufzunehmen und ein "offenes Ohr zu finden" - nicht zuletzt in
persönlichen Krisenzeiten.
- Und schließlich: Die guten Erfahrungen, die andere Gruppenteilnehmer
mit dem Einlegen abstinenter Tage oder der Entscheidung für vollständige
Abstinenz machen, regen dazu an, das Abstinenzziel als eine mögliche Option
nicht aus den Augen zu verlieren.
Aus unserer Sicht bleibt somit festzuhalten:
Für das Erreichen und vor allem das Stabilisieren
des Ziels, gemäßigt/kontrolliert Alkohol zu trinken, kann es eine erhebliche
Unterstützung sein, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen.
Wenn man dies für sich auch so sieht, taucht die Frage auf: "Welche Gruppe ist für mich am
besten geeignet?" Bei dieser Suche ist es sinnvoll, als erstes nach einer Selbsthilfegruppe
Umschau zu halten, in der auch mäßiges/kontrolliertes Trinken ein akzeptiertes Ziel darstellt.
Leider gibt es derartige Gruppen bislang in Deutschland äußerst selten. Sollten Sie in Ihrer Nähe
keine für Sie geeignete Gruppe ausfindig machen können, steht Ihnen immer noch die Möglichkeit offen,
zusammen mit anderen Interessierten eine eigene, neue Gruppe ins Leben zu rufen. Wir nehmen auf dieser
Internet-Seite gerne Ihre Gruppe auf. Teilen Sie uns dazu über
Kontakt Ihre
Kontaktadresse, Treffzeiten, Aufnahmevoraussetzungen und alles sonstige, was über Ihre Gruppe wissenswert
ist, mit.
Deutsche Selbsthilfegruppen zum kontrollierten Trinken
Aus den in Nürnberg durchgeführten AkT-Gruppen ist eine Selbsthilfegruppe zum
moderaten/kontrollierten Trinken entstanden, die auch offen ist für diejenigen AkT-Teilnehmer,
die völlig alkoholabstinent leben.
Mittlerweile bilden sich in weiteren Städten Selbsthilfegruppen, die ebenfalls aus durchgeführten
AkT-Gruppen entstehen.
Diese Gruppen sind bislang nur für Personen offen, die am AkT-Programm teilgenommen haben oder
zur Zeit teilnehmen.
Über die "AkT-TrainerInnen" können Sie erfahren, ob in Ihrer Region bereits eine Selbsthilfegruppe
zum moderaten/kontrollierten Trinken besteht. In Zukunft soll es eine Datenbank mit den deutschen
Selbsthilfegruppen an dieser Stelle geben (
Kontakt).
Seminar "Kontrolliertes Trinken - Damoklesschwert oder nützliches Thema für die abstinenzorientierte Selbsthilfe?
Für LeiterInnen von Selbsthilfegruppen und VerbandsvertreterInnen (z.B. der Abstinenzverbände),
die die Alkoholselbsthilfe politisch und administrativ unterstützen und die sich in Bezug auf
das Thema des kontrollierten Trinkens fortbilden möchten, bieten wir ein Seminar an.
Der Kurs ist nicht gedacht für Personen, die selbst das kontrollierte Trinken erlernen möchten.
Die übergeordneten Ziele des Kurses bestehen darin,
- die TeilnehmerInnen in gut verständlicher Form mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zum kontrollierten Trinken
- und den praktischen Zugangswegen zum Erlernen des kontrollierten Trinkens vertraut zu machen
- und Anwendungsmöglichkeiten des 10-Schritte-Programmes in der Selbsthilfe kennenzulernen.
Amerikanische Selbsthilfegruppen zum kontrollierten Trinken
In den USA hat Audrey Kishline aus eigener Betroffenheit heraus etwa um 1990 die
Selbsthilfebewegung "Moderation Management"® (MM) ins Leben gerufen. "Moderation" bedeutet
das Vermeiden von Extremen, der Begriff "Management" bringt die angestrebte Selbstkontrolle
zum Ausdruck. Ziel der MM-Gruppen ist es, Menschen mit Alkoholproblemen durch ein strukturiertes
Vorgehen ("9-Schritte-Programm") zu einem mäßigen Trinkverhalten zu verhelfen. Die Zielgruppe
der MM-Gruppen sind Menschen, die in Folge ihres Alkoholkonsums in Probleme geraten sind (z.B.
Führerscheinentzug, Gewalttätigkeiten unter Alkoholeinfluss, nachlassende Leistungsfähigkeit,
Auseinandersetzungen im sozialen Umfeld usw.) - nicht aber schwer Alkoholabhängige, die bereits
massive körperliche Entzugserscheinungen erlebt haben.
Inzwischen gibt es in den USA eine Reihe von Gruppen - auch online - die sich dem MM-Konzept
verschrieben haben. Weitere Informationen zu diesem Ansatz finden Sie unter Moderation Management,
auf der MM-Homepage [
www.moderation.org] sowie im Buch von Audrey Kishline ("Moderate drinking. The
Moderation Management® guide. For people who want to reduce their drinking". New York: Three Rivers
Press, 1994).
Deutsche Selbsthilfegruppen mit dem Ziel der Abstinenz
Wenn Sie sich einer Alkohol-Selbsthilfegruppe anschließen
möchten, deren Ziel auf völlige Abstinenz ausgerichtet ist, kommen
folgende, in Deutschland verbreitete, Abstinenzverbände in Frage:
Diese Gruppen finden sich in den meisten größeren und oft
auch kleineren Orten. Adressen können der lokalen Presse entnommen, bei der
Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren erfragt
[www.dhs.de]
oder teilweise aus dem Internet ersehen werden.
In derartigen Gruppen kann man erfahren, dass und wie ein
Leben ohne Alkohol möglich ist - ein Ziel, das nicht zuletzt dann in Betracht
zu ziehen ist, wenn kontrolliertes Trinken auf Dauer nicht zufriedenstellend
gelingt. Allerdings sind Abstinenzgruppen in der Regel nicht offen für Menschen,
die ausdrücklich kontrolliertes Trinken anstreben. Beispielsweise ist Voraussetzung
für die Teilnahme an den Gruppen der Anonymen Alkoholiker "der Wunsch mit dem
Trinken aufzuhören" (vgl.
[www.anonyme-alkoholiker.de]).
Erkundigen Sie sich ggf. bei den entsprechenden Selbsthilfegruppen in Ihrer
Nähe nach den Teilnahmevoraussetzungen.